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Dienstag, 23. September 2014

Meanwhile in Göttingen and Le Mans: Guns'n'Gänseblümchen

Ja, man stolpert zuerst über den Namen, ganz klar. Und sofort bilden sich zwei Lager: Die eineen, die ihn für echt doof halten, und die anderen, die ihn richtig gut finden. Letztere vermuten hinter dem Duo aus Göttingen und Le Mans meist eine stump-Witzige Deutsch-Punkband. Stimmt aber nicht im geringsten, vielmehr erkunden Denise am Schlagzeug und Guillaume mit der Gitarre die Bereiche von Gitarrenmusik, die mit der Vorsilbe Post- beginnen und durch Bands wie Mogwai, Mono und Konsorten geprägt wurden. Zweierbesetzungen wie GnG findet man in diesem Genre allerdings selten. Das und die Tatsache, dass es einfach eine wunderbare Liveband ist und das auf der 10inch "Wonder wheel" wunderbar festgehalten haben, hat diese deutsch-französische Band gleich zu einem Kandidaten für ein Interview in Renfield No. 28 gemacht. Welches wir hiermit auch den vielen Nichtbesitzern des Heftes zugänglich machen.

Gary: Hallo Denise, ihr wart über Ostern 2014 auf Minitour in Frankreich, wie war’s denn so in… Bovel? Und in Soudan ? und in Brest ?

Denise: Wir hatten eine sehr schöne kleine Tour durch die Bretagne mit fünf tollen Konzerten. In Bovel und Soudan haben wir in kleinen Kommunen gespielt, sehr ländlich gelegen, sehr familiäre Atmosphäre, selbstgebrannter Schnaps und offene, nette Leute. In Keruscun in der Nähe von Quimper spielten wir ein Solikonzert für GAST!, ein feministisches, zweisprachiges Kollektiv das in der Region aktiv ist und sich unter anderem mit der 'Wiederbelebung' der bretonischen Sprache auseinandersetzt. Da gab es natürlich Diskussionen über Unabhängigkeitsbewegung, Nationalismus und so...
War interessant. Sehr spannend fand ich La Poudrière in Brest. In dieser doch recht großen Stadt mit einer aktiven politischen Punkszene gab es bislang keinen entsprechenden Veranstaltungsort. So hat eine Crew von sehr jungen und gut organisierten Leuten vor einem Monat ein leer stehendes ehemaliges Pfadfinderheim besetzt. Die sind total aktiv da, organisieren Veranstaltungen und Konzerte, haben eine Siebdruckwerkstatt und nen Sportsaal, machen regelmäßig Vokü und zeigen Filme und stehen sogar in gutem Kontakt mit den benachbarten AnwohnerInnen. Wir haben an dem Abend mit drei Hardcorebands und vor entsprechendem Publikum gespielt und waren nicht so sicher, wie wir ankommen würden. Letztendlich tolles Konzert und gutes Feedback! Auch Hardcorefans können Hüftschwung...

G.: Und in Le Mans? Ist das eine Art Heimspiel, wenn ihr da einen Gig habt?
D.:Ja, schon. Zumal wir in der 'Stammkneipe' von Guillaume gespielt haben... zusammen mit TEN VOLT SHOCK aus Freiburg. Ich kannte die vorher nicht, obwohl es die Band schon seit 14(!) Jahren gibt und fand sie großartig.

G.: Auf was kannst du auf Tour überhaupt nicht verzichten? Und was hast du unterwegs mal ganz bitterlich vermisst?
D.: Auf Tour zu sein ist ein wunderbarer Ausnahmezustand und (solange das Auto durchhält) nur gut. Man kommt an dermaßen verschiedene, spannende Orte , weiß nie so richtig, was einEn erwartet und kann jeden Abend spielen. Außerdem finde ich es immer wieder klasse, wie dieses D.I.Y.-Netzwerk funktioniert und das überall Leute für Musik und Selbstorganisation und Punkrock brennen und sich engagieren.

G.: Auf den Hinweis auf eine sehr bekannte US-amerikanische Rockband kommt man bei eurem Namen wohl nicht umhin. Wie groß ist denn eure Verehrung für Guns n Roses? Waren das Helden eurer Jugend? Und warum sind Gänseblümchen cooler als Rosen?

D.: Helden wäre zuviel gesagt. Aber von einer gewissen geschmacklichen Verirrung in der Pubertät sind auch wir nicht verschont geblieben. Und Gänseblümchen sind cooler, weil sie besser aussehen und lustiger, weil in Frankreich kein Mensch dieses Wort aussprechen kann.

G.: Soviele Trommlerinnen kenne ich ehrlich gesagt gar nicht. Ich habe aber das Gefühl, dass in den letzten Jahren immer öfter Frauen in Bands am Schlagzeug sitzen. Würdest du das ähnlich sehen, und warum?
D.: Ja, ist mir auch schon aufgefallen. Keine Ahnung warum. Ich freue mich auf jeden Fall darüber und hoffe, den Tag noch zu erleben, an dem uns das nicht mehr als 'Besonderheit' auffällt.

G.: Welche Klischees bzw. Vorurteilen über Frauen hinterm Schlagzeug begegnest du bei männlichen Drummerkollegenam häufigsten?
D.: Eigentlich gar nicht so vielen. Vielleicht werden die auch nur nicht offen geäußert. Und wenn dann macht es keinen Sinn, sie zu wiederholen und dadurch festzuschreiben.

G.: Noch mal Göttingen und Le Mans. Beide Städte liegen ja nun nicht gerade nah beieinander. Wie habt ihr als Band denn da zusammengefunden?
D.: Wir waren vor ein paar Jahren mit unseren Bands (MONNOCLE und SLUX) gemeinsam auf Tour in Frankreich und Spanien. Das war sehr harmonisch und intensiv und wir fanden uns toll...

G.: Eure Platte heißt Wonder Wheel – ein Riesenrad desselben Namens sieht man auch auf dem Cover. Nun ist ein Rummelplatz eigentlich ein Ort für ganz billiges Entertainment, wird aber in (Horror-) Filmen auch gern mal als unheimliche Location benutzt. Welche Assoziationen verbindet ihr denn mit diesem Ort bzw. mit dem Riesenrad speziell?
D.: Das Wonderwheel steht in Coney Island, wo ich auch das Foto gemacht habe. Das ist ein heruntergekommener Amusementpark, der seine besten Zeiten lange hinter sich hat und eine morbide Tristesse ausstrahlt. Ein Ort, der sich mir stark eingeprägt hat und an den ich mich oft erinnere. Und dann haben wir ja auch auf der EP die Songs The Turn und Achterbahn und fanden das passend...

G.: Was sind für euch eigentlich die Vorteile, in einer Zweierbesetzung zu spielen? Gab es schon mal Pläne, die Band zu erweitern?
D.: Es geht alles ein bisschen schneller und leichter in einem Duo. Kompromisse, Entscheidungen, der profane Orgakram. Ich habe auch den Eindruck, dass jedeR mehr gefordert ist und mehr Raum hat, als in einer größeren Besetzung. Jedenfalls ist es sehr gut so, wie es ist und über eine 'Erweiterung' würden wir nur nachdenken, wenn Axl sich als Sänger bewerben würde.

http://gng.ouvaton.org/index.html

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