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Dienstag, 10. Februar 2015

Ella and Gary and four girls with a golden tape

Das Datum mag - je nach Weltanschauung - ein böses oder ein gutes Omen sein. Oder gar keins. Ella Chord & Gary Flanell werden am Freitag, dem 13.02. jedenfalls eine Menge charmanter Songs spielen, die man so kennt oder eben nicht.
Mit dabei ist außerdem der nicht minder charmante Till The Morninglight, den man derzeit eher selten live in Berlin sieht. Also noch ein Grund mehr in unser favourite Schnapsloch zu kommen.
Und hier nochmal Fakten und Flyer:


Live:
Ella Chord & Gary Flanell (Charming covers, Berlin)
soundcloud.com/gary-flanell
Till The Morninglight (Singer/Songwriter),
tillthemorninglight.com
Aftershow Gaudi by DJ DC Reverend (East India Fading Company, Soulcat)

Freitag, 13.02.2015
ab 21 Uhr

at Planet Trickstopia somewhere in your backyard...(you know where it is, if you know where it is)

Bis dahin ist ja noch etwas Zeit, in der man sich den weiteren Teil dieses Postings geben kann. In Renfield Nummer 28 erschienen, hier noch eimal das Feature über die BRUNETTEZ, den girls with the golden Tape.



„Weil wir wissen, dass Leben viel mehr ist als bloß Überleben, und weil Punk Rock heißt, dass wir alles machen können: deswegen machen wir wütenden Grrrl Rock […] für die Kultur und Seele aller Mädchen und Frauen, so wie sie es wollen, nicht wie wir es wollen.“

Diese Erklärung aus dem Riot Grrrl Manifest erschien 1991 in der zweiten Ausgabe des Bikini Kill Zines. Wenn wir über 20 Jahre später hier in Berlin nach einer Band suchen würden, auf die Bikini Kills Ideen passen wie die Faust durch die Wand, dann wären es die BRUNETTEZ aus Kreuzberg. Wütend sind sie ziemlich oft, und das hört man auch. Ihre Texte geben keine Anweisungen, wie Feminismus auszusehen hat, sondern üben Kritik am Repressiven. Die Schärfe dieser Kritik trifft sich mit einer liebevollen Grundhaltung, die Verständnis hat für menschliche Fehler und Schwächen, aber kein Verständnis für Gleichgültigkeit und Anbiederung an patriarchale Strukturen. Sie sind ironisch, witzig, subtil, und manchmal erzählen sie einfach nur skurrile Geschichten.
Dass Punk Rock heißt, dass wir alles machen können, haben die BRUNETTEZ bewiesen, indem sie sich einfach Instrumente schnappten und anfingen zu spielen, ein Mikro schnappten und anfingen hineinzuschreien. Kommt schon beim Spielen, dachten sie sich, und so war es auch. Drei Jahre nach der Gründung haben die BRUNETTEZ ihr erstes Album herausgebracht – auf einem goldenen Tape. Gleichzeitig sind sie mit einem Song auf dem Soli-Sampler „Screaming for a better future Vol. 4“ dabei und hinterlassen einen Knutschfleck auf Vinyl.


Der DIY-Ansatz ist wichtig für die Mädels. Ihre Instrumente haben sie sich selbst beigebracht, das Songschreiben haben sie gemeinsam ausgetüftelt und auch Produktion und Vertrieb des goldenen Tapes machen sie natürlich selbst, zusammen mit ihrem Berliner Label, TrimTabTapes. Musikalisch hat ihr dilettantisch-dynamischer Punk Rock verschiedene Wurzeln, denn Malwi, Lorena, Tabea und Carine bringen ganz unterschiedliche Hintergründe in die Band ein.
Carine, die singt und Texte schreibt, liebt die Beatles, Stoner Rock und Psychedelica. Aber sie hat auch eine Metal-Seite und hat aus Brasilien den Punksong „Papai Noel“ mitgebracht, der auf Portugiesisch vorschlägt, jetzt endlich mal den Weihnachtsmann zu erschlagen, der auf die Armen doch nur spuckt.
Schlagzeugerin Malwi dagegen liebt Bands wie Pascow und Düsenjäger. Nachdem sie sich das Schlagzeugspielen innerhalb einer Woche selbst beigebracht hat, angefangen mit einem Bikini Kill Song, hat sie den Brunettez-Sound erst einmal mit ordentlichen Drum-Wirbeln versorgt.
Außerdem hat sie Bassistin und Songschreiberin Lorena an die Ramones herangeführt. Man hört das schon in „Ice Cream Man“, mehr aber noch in einem phantastischen neuen Song, der leider noch nicht auf dem Tape ist: „Oh what a Gentleman“.
Tabea ist Gitarristin und Grafikerin, sie zeichnet verantwortlich für das Design des goldenen Tapes, für Sticker, Kühlschrankmagneten und die Webseite. Ihr Gitarrenspiel und auch ihr Outfit sind geprägt von 70s Punk und Wave – Gun Club, The Slits, X-Ray Spex – und von den schicksten Strumpfhosen der Stadt.


Sexy Outfits und schicke Strumpfhosen können Teil des BRUNETTEZ -Stils sein, müssen aber nicht – mal gehen die Mädels in roten Minikleidern auf die Bühne, mal in schlabberigen Hoodies. Ihre feministischen und kapitalismuskritischen Texte bestärken Frauen in ihrer Sexualität und auch darin, sie offen zu äußern. „Everybody is having sex but me tonight – all I want to do is fuck!“ in dem Song „Full Moon“ wird von einer Stöhn-Inszenierung untermalt, an der Lorena und Carine hörbar Spaß haben. „Swallow“ liefert eine boshafte Auflistung ironischer Benimmregeln für Frauen und empfiehlt ihnen, bloß nicht aufzumucken, nicht selber zu denken, sich als Ware zu vermarkten und gerne noch ein bisschen abzunehmen, denn: „Less of you will look so nice!“

Den Mythos, dass Frauen sexuelle Objekte seien und nicht aktive Subjekte, attackiert auch „Ice Cream Man“, denn die Erzählerin hat absolut keine Lust, sich für einen Mann oder eine Eiskugel zu entscheiden. „Be happy with what you got, my mum would say... But I don't want to live this way!“ Zugleich ist der Song durchaus konsumkritisch, denn sie ist auch gehemmt durch ihren Zwang, selbst zu wählen: „If I pick one – the rest I lose...“
Die Kreuzbergerinnen spielen sich durch die Läden und besetzten Häusern in Kreuzberg und Friedrichshain: Liebigstraße und Schererstraße, im Tiefgrund, Cortina Bob, SO 36 und zuletzt im Supamolly.
Als lokale Band kommentieren sie auch ihre Umgebung, zum Beispiel die Unsinnigkeit der riesigen O2-Arena am Spreeufer im „O2-Song“, oder empfehlen den stumpfen Partymassen: „You want a boy? You want a girl? You want another line? You want to stand in line forever? So go to Berghain!“


Ob sie bald auf Tour gehen, eine Platte herausbringen, weiter ganz viele Konzerte spielen? Ist zu hoffen. Aber die Mädels lassen sich da auch nicht festnageln. Wie sie selbst sagen: „You and me can be free together, let go of your fear, there is no forever...“ Schade. Aber sehr wahr.

Das in der Überschrift erwähnte Golden Tape gibt es übrigens bei Trim Tab Tapes - aber wer weiß wie lange noch. Also ranhalten!
www.brunettez.de

Alissa Wyrdguth

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